Die 10 Gebote im Omnichannel Management – Teil 1

10
Jul

Omnichannel Management wird zur Pflichtaufgabe im Customer Service und Call Center. Smartphones mit ihrer jederzeitigen Verfügbarkeit und neuen Kommunikations-Möglichkeiten wie z-B. Instant Messaging zwingen die Unternehmen technologisch wie organisatorisch aufzurüsten. Die Kundenbedürfnisse haben sich in den letzten Jahren radikal gewandelt. Mehr als 50% der Kommunikation wird mittlerweile von einem Tablet oder Smartphone aus getätigt. Zu Telefon, Fax und E-Mail haben sich neue Kanäle gesellt. WhatsApp, Chat, Videochat, Social Media. Und Kunden sind wählerischer, fordernder, weniger kalkulierbar in ihrem Verhalten. Die heutige mobile, 24/7, „always on“ Gesellschaft schraubt die Serviceansprüche an den Customer Service immer höher. Dabei soll der Service personalisiert, wertschätzend und so gestaltet sein, dass mit einem einzigen Anruf oder einer einzigen E-Mail das Anliegen erledigt ist. Omnichannel Management bedeutet einen ganzheitlichen Ansatz  – technologisch, organisatorisch, prozessual –  zu wählen, der die Kommunikation mit Kunden und Interessenten auf eine neue Stufe hebt. Nachfolgend sind die 10 wesentlichen Umsetzungsschritte für ein erfolgreiches Omnichannel Management dargestellt.

Kundenreisen analysieren und anpassen

Customer Journey Mapping – die Visualisierung, Analyse und Optimierung von Kundenreisen wird zu einem zentralen Ansatz Kundenerfahrungen an den verschiedenen Kontaktpunkten  – Touchpoints –  eines Unternehmens zu verstehen und ganzheitliche Kundenerlebnisse zu optimieren. Kauf und Service Prozesse sind heute komplexer denn jemals zuvor. Mehr Auswahl an Produkten oder Dienstleistungen dank Internet und google. Mehr Kontaktpunkte, die ein Kunde nutzt, bevor er ein Produkt kauft. Mehr Medien und Kommunikationswege, die im Kundenservice zu einem schlechten Erlebnis werden können. Inkonsistenzen bei Inhalten und Aussagen, hoher Zeitaufwand für den Kunden und komplizierte Prozesse mit Medienbrüchen sind nur einige der gravierenden Mängel in der Kundenwahrnehmung. Leider sind diese Mängel den Unternehmen oft nicht bekannt. Customer Journey Mapping heisst die Kundenbrile aufzusetzen und dem Unternehmen den Spiegel vorzuhalten. Was sind die Lust- und Frust-Punkte aus Kundensicht?. Wo klemmt es? Wo sind die Medienbrüche? An welchen Stellen „verlieren“ die Unternehmen den Kunden auf der Reise?

Das Ergebnis von Customer Journey Mapping im Customer Service sind Visualisierungen; Landkarten der Kundenreise, die eine Vielzahl von Ansatzpunkten für eine Optimierung bieten:

Customer Journey Mapping Ergebnis eines Workshops für das Omnichannel Management; Bildquelle: https://marketing-resultant.de/

Kundenwert erkennen/Persona

„One size fits all“ funktioniert nicht. Eine Customer Journey Map für das gesamte Unternehmen – sprich alle Kunden  – kann es nicht geben. Viele Unternehmen nutzen klassische Segmentierungsansätze wie z.B. Einkommen, Wohnort, weitere soziodemografische Merkmale um homogene Kundensegmente zu bilden und diese jeweils spezifisch zu adressieren. Die Segmentierung über soziodemografische Merkmale hat über viele Jahre funktioniert.  In den letzten Jahren stellen die Marketing Verantwortlichen fest, dass die Segmentierung über Merkmale wie Einkommen, Alter, Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Schicht kaum noch greift. Offensichtlich sind Personen, die die gleichen Merkmale aufweisen und einem Segment angehören nicht länger über die gleichen Produkte und Dienstleistungen adressierbar.

Persona: Den Kunden mit seinen Erwartungen, Sorgen und Anforderungen in den Mittelpunkt stellen.

Ein neuer Ansatz ist das Persona Modell. Dieser Begriff taucht erst seit 2,3 Jahren in den CRM- oder Customer Service Veröffentlichungen vermehrt auf. Persona sind fiktive, prototypische Beschreibungen von Kunden. Persona unterstützen Unternehmen dabei, ihre Kunden besser zu verstehen und Inhalte und Prozesse besser auf die jeweiligen Bedürfnisse, Verhalten, Bedenken zu zuschneiden. Persona sind imaginäre Person,  die stellvertretend für einen typischen Kunden oder Interessenten steht. Besonders wirkungsvoll ist das Modell, wenn es in Form eines Steckbriefes „vermenschlicht“ wird. Je besser man sich in die Rolle eines potentiellen Kunden hinein versetzt, seine Ziele, Motivation, Sorgen etc. kennt, desto besser kann man ihn im Kaufprozess begleiten. Zusammen mit dem klassischen Kundenwertmodell zum Beispiel in Form des Customer Lifetime Value (CLV), bei dem die Profitabilität eines Kunden in Form seines Kapitalwertes für die einzelnen Perioden der Geschäftsbeziehung geschätzt wird, erhält das Unternehmen eine Grundlage, um Kundenreisen, Touchpoints auf die jeweiligen Bedürfnisse anzupassen.

Persona Darstellung; Bildquelle: http://www.keepitusable.com/ https://xtensio.com/ .

Omnichannel Management  – Freie Wahl der Kanäle

Henry Ford machte sich um unterschiedliche Kundenerwartungen, Bedürfnisse keine Gedanken. Seine Kunden konnten aus allen Farben wählen, solange es sich um die Farbe schwarz handelte. Das Ford T-Modell war für alle Zielgruppen gleich. Heute ließe sich mit dieser Strategie im Automobilmarkt kein Blumentopf mehr gewinnen. Aber auch für alle anderen Märkte gilt ein neues Gesetz. Der Kunde wählt. Der Kunde bestimmt die Kanäle über die er kommunizieren möchte.

 

Omnichannel Management bedeutet, dem Kunden alle relevanten und für ihn wichtigen und gewünschten Kommunikationskanäle an möglichst jedem Kontaktpunkt zur Verfügung zu stellen.

 

Dies ist leichter gesagt als getan. Schon die Integration von Chat, Videochat, E-Mail Funktionalität auf einer Website stellt manches Unternehmen vor erhebliche Probleme. Veraltete IT-Strukturen und Systeme erschweren die Integration neuer Kanäle wie z.B. Chat oder Instant Messaging. Zwar erleichtern Standards wie z.B. WebRTC von google  die Einbindung und Nutzung dieser neuen Kommunikations-Kanäle; in der Praxis erweisen sich jedoch die bestehenden Alt-Systeme, die per Schnittstelle angebunden werden müssen, als kostspielige Hürden.

Bildunterschrift: Omnichannel Management der easycredit: nahezu vollständiges Kommunikationsangebot

Andere Kontaktpunkte weisen oft vergleichbare Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Omnichannel Management Gedankens auf. Versicherungen, Banken, Energieversorger bieten ihren Kunden Apps für ihr smartphone an, mit denen Kunden z.B. Dokumente hochladen, Statusabfragen tätigen oder kleinere Prozesse wie eine Schadensmeldung komplett abwickeln können. Allerdings sind die Apps selbst mit wenig Kontaktmöglichkeiten ausgestattet. Kommt ein Kunde mit der App nicht zurecht oder der Hochladeprozess der Rechnung stockt, bieten viele Apps weder integrierte Chat- noch Videochat-, Co-Browsing- oder simple Telefonie Funktionen an.

Weiterführende links zu Omnichannel Management:

https://marketing-resultant.de/customer-journey-mapping-im-customer-service/

https://marketing-resultant.de/omnichannel-konzepte-erfolgreich-umsetzen/

https://marketing-resultant.de/customer-journey-orchestration-jetzt-handeln/

https://marketing-resultant.de/omnikanal-routing-und-unified-desktop/

https://marketing-resultant.de/digital-customer-service-beratung/

Nahtloser Wechsel der Kanäle

Viele Kundenreisen brechen abrupt ab, wenn der Kunde den Kanal wechseln möchte. Nach einer halben Stunde vergeblichen Surfens auf der Website nutzt der Kunde die angebotene Chatmöglichkeit. Nachdem der Kunde sein Problem geschildert und der Agent im Call Center einige Rückfragen gestellt hat, wird klar, dass der Agent den Kunden an der Hand nehmen müsste und ihn genau zu der Seite im Webauftritt zu lotsen, die dem Kunden die gewünschte Information bietet. Ein Wechsel vom Chat zum Co-Browsing unter Fortführung des bisherigen Dialogs würde das Problem lösen. Das nahtlose Wechseln vom einen zum anderen Kanal bedingt die entsprechende technologische Infrastruktur und die richtigen Systeme. Die Aufgabe im Omnichannel Management ist es, die Kundenreisen zu analysieren,  die Kanalwechsel zu identifizieren und die entsprechende IT-Architektur zu designen und umzusetzen.

Kundenwert-,  attribut basiertes Routing 

Bislang sind viele Customer Service- und Call Center Organisationen primär auf die Erzielung einer hohen Effizienz ausgerichtet. Deutlich sichtbar wird dies bei den Routing Konzepten und Regeln. Die älteste Form dieser Organisation routet einen Anruf, einen Geschäftsvorfall auf den nächsten freien Mitarbeiter. Es hat sich schnell herausgestellt, dass dabei ein Kunde zwar auf einen verfügbaren – nicht aber unbedingt den bestgeeigneten Mitarbeiter – trifft. Auch die Weiterentwicklung – skill basiertes Routing – ist immer noch stark aus der Innensicht des Unternehmens geprägt. Möglichst viele fallabschliessende Gespräche pro Mitarbeiter und Zeiteinheit führen  – lautet der Glaubensgrundsatz. In einem zeitgemässen Omnichannel Management sind weitere Routing Regeln zu berücksichtigen. Was ist aus dem Kontext der aktuellen Kundenreise – Kunde surft seit einer halben Stunde auf der Website mit Produktneuvorstellungen – im Routing zu berücksichtigen, wenn dieser Kunde einen Chat startet? Wie fliesst sein Kundenwert aus dem CRM System in das Routing ein? Einen Kunden individuell auf Basis seines Kundenwertes, seines Kontextes zu routen sind weitreichende Änderungen traditioneller Organisationsprinzipien. Und diese Änderungen erfordern im Omnichannel Management die entsprechende technologische Plattform, die in der Lage ist, alle eingehenden Anliegen über alle Kanäle auf der Basis von Attributen wie z.B. dem Kundenwert zu routen.

IT Architektur im Omnichannel Management – vereinfachte Darstellung; Bildquelle: Marketing Resultant

 

 

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