Customer Journey Management ist das neue Produkt – Deep Dive Teil 2

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Jul

Im ersten Teil unseres Deep Dives – Customer Journey Management – im Rahmen des CEX Trendradars ging es um fehlende Daten, nicht-lineare Customer Journeys und mangelhafte Einschätzung des Kundenverhaltens. https://marketing-resultant.de/customer-journey-management-2-0/ Im zweiten Teil beschäftigen wir uns mit sich ändernden Einstellungen und Verhaltensweisen der Kunden und Ansätzen sinnvolle Meßgrössen für die Customer Journey zu entwickeln. 

Unsicherheit, Distanz, Irritationen, … Konsumenten sind durch Hygiene- und Abstandsmaßnehmen, Schliessungen von Filialen und Geschäften in ihren gewohnten Verhaltensweisen kräftig durcheinander gewirbelt worden. Mit sehr konkreten Auswirkungen auf die Customer Journeys. Deutlich sichtbar wird dies zum Beispiel in der Versicherungsbranche, bei denen sich der Aussendienst sehr schnell und komplett umstellen musste. Die physischen Touchpoints Geschäftsstelle oder Wohnung des Kunden waren „blockiert“. Neue Customer Journeys mit neuen Touchpoints ( Videochat, Co-Browsing ) mussten designed und implementiert, digitale Terminvereinbarung und Signatur in die neuen Kundenreisen integriert werden. Die drohenden Umsatzeinbußen haben hier sehr schnell zu einem radikalen Umdenken gezwungen. Nicht immer sind die Customer Journeys auf neue Erfordernisse jedoch so konsequent umgesetzt worden. Wenn Kunden den Touchpoint wechseln – oder wechseln müssen – weil die Filiale geschlossen ist, weichen sie auf Telefon und email aus, wenn keine anderen Alternativen angeboten werden. Diese Entwicklung hat einige Händler überrascht und sie haben es bis heute nicht geschafft, dem Ansturm in ihren Contact Centern Herr zu werden. Die Wartezeiten in den Hotlines und Service-Centern sind während der Pandemie unerträglich lange geworden. Die ersten 2-3 Monate Chaos im Contact Center nach einem lockdown sind noch entschuldbar; aber nach 2 Jahren haben viele die Kurve noch immer nicht gekriegt.

Kunden verhalten sich so wie Wasser, dass an einer Stelle im Fluss nicht weiterkommt, weil es dort ein Hindernis gibt. Es sucht sich neue Wege, tritt über das Ufer und in unserem Beispiel kann das den Weg zu einem Mitbewerber bedeuten. Wartezeiten in einem Call Center gehören mit zum Ärgerlichsten, was Kunden an den Unternehmen nervt.

Warum Echtzeitdaten für Customer Journey Management so wichtig sind

Es braucht aber nicht unbedingt ein so einschneidendes Ereignis wie die Pandemie. Manche Änderungen gehen eher schleichend und langsam vor sich. Ohne, dass die betroffenen Unternehmen diese kleinen Änderungen in den Customer Journeys registrieren und reagieren. Wenn diese Entwicklungen an den Kipppunkt gelangen, ändert sich das Spiel komplett und schlagartig; die Customer Journeys verlaufen dann fast ausnahmslos nach einem neuen Muster. In vielen B2B Märkten herrscht die z.B. Meinung vor, dass ein ganz wesentliches Element in der Kauf- und Orientierungsphase Messen, Kongresse, Veranstaltungen sind, bei denen man seine Produkte und Dienstleistungen vorstellen und präsentieren kann. Software-Lösungen für Unternehmen  (CRM, ERP, Contact Center Lösungen)  Durch die Möglichkeiten, virtuelle Veranstaltungen durchzuführen, den Kunden die Produkte online zu präsentieren, entfällt der Grund eine Messe besuchen zu müssen. Wenn die Software für einen Testzeitraum kostenfrei zur Verfügung gestellt wird – aus dem Netz – , wenn es einen professionellen Onboarding Prozess und einen Customer Success Manager gibt, der mich in den ersten Wochen begleitet und dafür sorgt – und im übrigen entlohnt wird!!  – dass ich als Kunde erfolgreich bin, (nicht zufrieden, wohlgemerkt; das ist dann ein Folge davon), warum muss ich als Kunde überhaupt mit einem Vertriebler sprechen oder die 500 km zu einer Veranstaltung fahren. Der Anbieter kommt zu mir nach Hause. Dann wann es mir passt. Einwand vieler Leser an dieser Stelle: „Ja, aber das gilt doch nur für einfache, standardisierte Produkte“. Genau hier möchte ich einhaken. Ja, aktuell mag das in einigen Fällen zutreffend sein. Wenn man aber einige Entwicklungen zu einem Bild zusammenfügt, dann wird klar, dass sich die Gesamtsituationen vieler Einzelentwicklungen so auswirkt, dass die Customer Journey an den Kipppunkt gelangt. Wenn in unserem Beispiel der Software, das Produkt nicht mehr kompliziert und aufwendig konfiguriert werden muss, weil die Software auf einer anderen Technologie basiert (no code, low code) , wenn die Software aus der cloud an jedem x-beliebigen Ort sofort zur Verfügung steht und wenn die Software so einfach zu bedienen ist, dass es keinen Grund mehr für die vielen persönlichen Vorführungen, etc gibt, dann kann die Customer Journey komplett anders laufen.

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Wesentlich für die Unternehmen ist die Kenntnis wie Kunden ihr Verhalten ändern. Daten zu Customer Journeys müssen in Echtzeit oder nahezu in Echtzeit vorliegen um rechtzeitig Trends zu erkennen. „Wo steigen Kunden und Interessenten aus einer Reise aus?“. Wo nehmen Kunden andere Wege, als die, die das Marketing z.B. geplant hatte. Sinnvoll ist es, diese Daten dann direkt in Customer Experience Management System zu integrieren, damit Analyse-Daten, Customer Journey Mapping Konzepte , Maßnahmen zur Optimierung in einer Anwendung einzigen Software vorliege. Sehr gut gelöst ist dies bei cc/omni aus München. https://cxomni.net/

Neben der ein quantitativen Analyse der Customer Journey durch Customer Journey Analytics Werkzeuge, ist die qualitative Analyse entscheidend. „Warum gibt es im Contact Center in der Sprachanwendung einen hohen drop-out der Kunden?“ Warum werden die neuen Customer Journeys in denen Abhol- und Versandmöglichkeiten für die Ladenkunden konzipiert wurden, nicht genutzt?“

Job to be done – Endlich die Möglichkeiten von Service Design im Customer Journey Management nutzen 

Es wird zwar viel über Empathie Maps, Job to be done gesprochen, aber so wirklich in die Praxis Einzug gehalten, haben die vielfältigen Methoden aus dem Service Design noch nicht. Es ist allzu häufig immer noch ein zu technokratischer Ansatz den die Unternehmen wählen. Human Centered Design – also aus dem Blickwinkel des Kunden konzipierte Dienstleistungen und Produkte sowie Customer Journeys sind Mangelware. Es sind die internen Verkaufs- und Marketingziele, die zuweilen Im Gewand des Customer Experience Konzeptes daherkommen.

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Kein Kunde wacht morgens mit dem drängenden Verlangen auf, heute akquiriert zu werden

 

 

Statt in Touchpoints müssen die Unternehmen mehr in Bedarf- oder Bedürfnis-Punkten denken. Welche Fragen gehen im Kopf des Kunden herum, dessen Ziel es ist, ein wenig Sport zu treiben, um etwas für eine Fitness zu tun? Was ist der einfachste Weg, mit Sport anzufangen? Welcher Sport passt am besten zu mir? Wie schnell sehe ich Ergebnisse? Wo kann ich die Dienstleistungen und Produkte für die passende Sportart erhalten? Jeder dieser Bedürfnis-Punkte kann für den Kunden mit einer Vielzahl von Touchpoints verknüpft sein, an denen er diese Informationen erhält. Abhängig vom Kontext, seinen persönlichen Präferenzen.

Touchpoints sind nach den Bedürfnispunkten auszugestalten und kein Selbstzweck oder eine technolgische Umsetzungsvariante einer Customer Journey. Heißt, Customer Journeys dürfen nicht rigide an bestimmte Touchpoints „festgetackert“ werden. Dies ist auch insofern unrealistisch, als ein Kunde z.B. auf seinem Smartphone eine Unzahl von Apps und Tools hat, die er opportunistisch nutzen kann. Kunden folgen selten den vorgegebenen Wegen, wenn es nicht zwingend vorgeschrieben ist. Das Thema nicht-lineare Customer Journeys hatten wir ja bereits im ersten Teil behandelt.

Warum klassische KPI´s alleine keine sinnvollen Customer Experience Meßgrößen sind  – und warum Kunden der NPS Wert schnuppe ist

Mal ehrlich: Glaubt jemand ernsthaft, dass ein Bankkunde seinen NPS Wert kennt und sich dafür interessiert? Nein, tut er nicht. Warum auch? Es ist eine Kennziffer aus Unternehmenssicht aber sie hat keinerlei Aussagekraft zur Performanz des Unternehmens gegenüber dem Kunden. NPS ist ein KPI – eine Kennzahl aus dem Blickwinkel des Unternehmens.

Messen Sie wir gut Ihr Unternehmen Leistung für Ihre Kunden erbringt

Für ein professionelles Customer Experience Management benötigen wir zusätzliche Kennziffern – Customer Performance Indikatoren, die die Zielerfüllung des erwarteten Ergebnisses für den Kunden analysieren. Beispiel:

First Contact Resolution Rate: Wie gut schaffen sie es als Unternehmen im ersten Anlauf das Problem zu lösen. (Die First Contact Resolution Rate ist sowohl ein Customer Performance Indikator als auch eine Unternehmens-KPI. Je besser der Wert, desto effizienter arbeitet das Unternehmen, desto geringer die Kosten)

Customer Performance Indikatoren müssen einen Wert für den Kunden darstellen und messbar sein; sie sind kein Ersatz für KPI`s wie z.B. den NPS. Customer Performance Indikatoren und KPI´s zusammen ergeben ein vollständiges und sinnvolles Bild für erfolgreiche Customer Journeys und Customer Experience Strategien.

Weitere Artikel zum Thema Customer Experience Management, dem CEX Trendradar finden Sie hier: https://hafneroncrm.blogspot.com/  oder hier auf dem Marketing Resultant Blog. https://marketing-resultant.de/blog-digitaler-kundenservice-call-center-und-crm/

Der CEX Trendradar ist eine gemeinschaftliche Entwicklung von Prof. Dr. Nils Hafner, Hochschule Luzern und Marketing Resultant. 

https://nilshafner.ch/

 

 

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