Kaum ein Thema wird zur Zeit im Kundenservice oder Call Centern so heiß diskutiert wie Instant Messaging. Hat WhatsApp das Zeug dazu, Call Center zu ersetzen? Wie gehen Unternehmen mit dem Thema Datenschutz um? Viele Fragen, die sorgfältig zu klären sind. Das Thema Instant Messaging und seine Zukunft für den Kundenservice beleuchtet im folgenden Gastbeitrag Mara Kelch von smoope aus Stuttgart.
Instant Messaging ist aktuell der am schnellsten wachsende und meist genutzte Kanal für private Kommunikation. Das liegt nicht zuletzt daran, dass 55% (44 Mio.) der Bevölkerung in Deutschland mobiles Internet nutzt. Davon haben 24 Millionen Menschen eine Social Media oder Messaging App auf ihrem Smartphone installiert. Besonders beliebt in diesem Zusammenhang: WhatsApp. Der Messaging-Dienst hat es in Bezug auf die Verbreitung in Deutschland im letzten Jahr sogar geschafft Facebook zu überholen. Hierzulande verzeichnet WhatsApp 30 Millionen Nutzer, Tendenz steigend. Messenger sind als Kommunikationskanal für den privaten Austausch so beliebt, weil sie einen schnellen, unkomplizierten und persönlichen Austausch ermöglichen.
Dieses Potential haben Unternehmen verschiedenster Branchen bereits erkannt. Sie binden Messenger-basierte Dienste vermehrt in ihre B2C-Kommunikation ein. Unternehmen haben dadurch die Möglichkeit, in direkten Kontakt mit der gewünschten Zielgruppe zu treten. Messenger werden bereits als Servicekanal für allgemeine Support-Anfragen, als Marketinginstrument, für die Mitarbeiterkommunikation oder als Recruitingmittel genutzt. Im Fokus steht immer die Vernetzung des Unternehmens mit einer mobilen Zielgruppe. Allerdings besteht für Unternehmen noch ein enormes Entwicklungspotential in Bezug auf das Wachstum und das Einbinden eines Messenger in die Kommunikationsstrategie. Des Weiteren lässt sich nicht jeder Messenger auch ohne Risiken oder Einschränkungen in Sachen Funktionalität und Verfügbarkeit dafür nutzen.
Welche Trends es zu beachten gilt und was in Zukunft auf Unternehmen im Messaging-Bereich zukommen wird, sollen folgende Fragen aufgreifen:
Wie können Messenger in Zukunft die B2C-Kommunikation revolutionieren?
Für Unternehmen ist es zunehmend von zentraler Bedeutung, den Kunden in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten und Prozesse zu stellen. Es muss gezielt auf die Bedürfnisse des Kunden eingegangen werden. Bestenfalls soll er direkt an das Unternehmen gebunden werden. So wird und bleibt man wettbewerbsfähig. Diese Entwicklung ist nichts Neues: Der Trend liegt hier in der Möglichkeit, den Kunden über neue Medien direkt und persönlich anzusprechen. Also eine individuelle Kommunikation mit dem Kunden – und zwar 1zu1. Der Messenger wurde bisher von potentiellen Kunden zur privaten Kommunikation genutzt – das wird sich nun ändern: Messenger-basierte Interaktionen werden in Zukunft für die Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunden eine immer wichtigere Rolle spielen. Denn Kunden haben immer weniger Lust, Mails zu schreiben oder am Telefon in Warteschleifen zu hängen, um ewig auf die gewünschte Information warten oder Service zu erhalten. Ein Messenger bietet einen kurzen und unkomplizierten Dialog und führt auf schnellem Wege zu einem Feedback für den Kunden. Durch die asynchrone Kommunikation eines Messenger können mehrere Kunden gleichzeitig betreut werden. Mitarbeiter im Kundenservice haben die Möglichkeit, auf individuelle Wünsche und Fragen besser einzugehen. So können Unternehmen noch besser als zuvor die Bedürfnisse ihrer Kunden erfüllen. Denn oftmals wollen die Kunden nichts Neues, sondern etwas, das ihnen bereits bekannt und vertraut ist. Auch, wenn dies in leicht abgewandelter Form vom bereits Bewährten umgesetzt wird. Messenger-Kommunikation, die ihnen aus der privaten Kommunikation vertraut ist, wird jetzt auch für die Kommunikation mit Unternehmen eingesetzt.
Welche Rolle kann Artifical Intelligence (AI) in Bezug auf Messenger als Service-Kanal für Kunden spielen?
Artificial Intelligence, kurz AI, bezeichnet den Einsatz von künstlicher Intelligenz. AI wird im Kontext von Messaging in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Der Hauptgrund hierfür ist, dass Computer textbasierte Informationen schnell verstehen und verarbeiten können. Durch eine Kombination aus Messaging und AI können Abläufe und Prozesse im Unternehmen schneller besser und effizienter gestaltet werden. Ein Vorteil, den Unternehmen vor allem in Bezug auf ihren Messenger-basierten Kundenservice nutzen können. Kunden haben so die Möglichkeit, eine gezielte Antwort auf ein spezifisches Anliegen zu bekommen, indem sie ein einziges Schlüsselwort, z.B. „Artikelnummer“ oder „Produktname“ in den Chat eingeben. So entstehen Vorteile auf beiden Seiten: Der Kunde ist zufrieden, da er eine schnelle und gezielte Antwort in Echtzeit bekommt und ihm ein Service geliefert wird, der rund um die Uhr verfügbar ist. Mitarbeiter im Kundenservice werden durch den Einsatz von AI entlastet, da durch eine effiziente Arbeitsteilung, die Aufmerksamkeit komplexeren und erklärungsbedürftigeren Kundenanfragen zugewendet werden kann. Ein Ausblick in die Zukunft zeigt, dass das Potential von AI noch ganz am Anfang steht. Die Entwicklungsmöglichkeiten sind jedoch riesig. Der Nutzer wird davon nicht viel merken: Er nutzt das Messenger-Interface, so wie er es kennt und gewohnt ist. Nur die Technik am anderen Ende wird sich ändern, indem Servicemitarbeiter durch „Bots“ unterstützt werden.
Welche Schwierigkeiten ergeben sich aus der Nutzung von WhatsApp in Zukunft für die B2C Kommunikation?
Als Konsument ist man täglich unzähligen Werbebotschaften von verschiedensten Unternehmen ausgesetzt. Bis zu 6000 Mal pro Tag versuchen Unternehmen uns mit ihrer Werbung zu erreichen. Oftmals führt das zu einem Overload, der Konsumenten zu einer extrem selektierten Aufnahme von Informationen zwingt. Doch die Aufmerksamkeit und das Interesse potentieller Kunden soll geweckt werden – und das um jeden Preis. Da so gut wie jeder heute ein Smartphone besitzt, war es nur eine Frage der Zeit bis Unternehmen auch dort mit ihren Werbebotschaften aktiv werden. Zum Beispiel in Form von mobiler Werbung, SMS-Werbung, Apps, Push-Nachrichten oder In-App Messaging. Je lauter, je auffallender desto besser. Messenger haben hier einen besonderen Stellenwert: Push-Nachrichten von einem Messenger, werden vom Nutzer als besonders wichtig erachtet und am schnellsten gelesen. Diese Entwicklung haben auch Unternehmen erkannt. Daher wird aktuell z.B. das reichweitenstarke WhatsApp als zusätzlicher Marketingkanal genutzt. Auf WhatsApp findet aktuell die private Kommunikation mit Freunden und Familie statt. Aus diesem Grund werden Messenger-Apps so gut wie nie vom Smartphone gelöscht. Aber genau hier liegt das Problem dieses neuen Trends: WhatsApp wird für die private Kommunikation genutzt. Möchten die Nutzer hier auch noch mit Werbung in Form von Push-Nachrichten konfrontiert werden? Kann es überhaupt nachhaltig sein, wenn sich immer mehr Unternehmen zur Kommunikation zwischen Familie und Freunden hinzugesellen? Hinzu kommt, dass die Nutzungsbedingungen von WhatsApp es bis heute nicht erlauben, den Messenger kommerziell zu nutzen – eine rechtliche Grauzone. Auch der Datenschutz und die Sicherheit der Kommunikation spielen an dieser Stelle eine Rolle. Als Teil des Facebook-Netzwerks wurde erst kürzlich bekannt, dass die Weitergabe von Daten zwischen dem Messenger und dem Mutterkonzern ermöglicht werden soll. Das heißt indirekt auch, dass Gesprächsinhalte mit Kunden an Facebook und damit indirekt an die Konkurrenz weitergegeben werden können, z.B. für Targeting-Zwecke. Und überhaupt: Wer möchte schon direkt neben den privaten Chats mit Freunden einen Chat mit einem Unternehmen führen, das einen mit nervigen Werbebotschaften konfrontiert? Der reichweitenstärkste Vertreter ist demnach nicht zugleich die beste Lösung, um als Unternehmen im Bereich Messaging aktiv zu werden.
Welche Vorteile können individuelle Messaging-Lösungen Unternehmen in Zukunft bieten?
Auch in Zukunft wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich den neuen Kommunikationsstandards ihrer Kunden anzupassen und in direkten Kontakt mit ihnen zu treten. Dabei sollten sich Unternehmen über folgende zentrale Aspekte Klarheit verschaffen:
- Welche Kommunikationsformen nutzen meine Kunden?
- Wie möchten die Kunden mit meinem Unternehmen kommunizieren?
- Was möchten die Kunden wissen bzw. welche Informationen möchten sie abrufen?
Der Trend zeigt, dass es durchaus sinnvoll ist, das Angebot um einen zeitgemäßen, mobilen, Messenger-basierten Kommunikationskanal zu erweitern. Denn Kunden wünschen sich eine schnelle, zeitsparende und unkomplizierte Kommunikation mit Unternehmen, die sich an Ihrem privaten Kommunikationsverhalten orientiert. Dabei ist es wichtig, dass Unternehmen eine passende Messaging-Lösung wählen, die sowohl Ihrem Image als auch Ihrem Anspruch an Diskretion und rechtlichen Anforderungen (Datenschutz) gerecht wird. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass Kunden nicht unnötig mit Marketing- und Push-Nachrichten bombardiert werden. Ein individueller, persönlicher Service hat für einen Kunden einen weitaus größeren Mehrwert als jeden Tag mit Werbebotschaften von Unternehmen konfrontiert zu werden – Service on Demand als neues Marketinginstrument ist die smartere Lösung und funktioniert nicht nach dem Push- sondern dem Pull-Prinzip. Es gilt also zu verstehen, dass das, was jahrelang die Grundlage für Werbekampagnen war (Einbahnstraßen-Kommunikation) grundsätzlich überdacht werden sollte.
Weiterführende links:
http://www.jobambition.de/global-digital-report-2016/
http://www.maclife.de/news/whatsapp-will-callcenter-branche-angreifen-10075199.html