Fehlende Digitalisierung im Vertrieb kostet den Mittelstand Umsatz

6
Jun

Mit einem besser digitalisierten Vertrieb wäre im vergangenen Jahr im deutschen Mittelstand laut einer aktuellen Studie ein Fünftel mehr Umsatz möglich gewesen. Marketing Automation und Augmented Reality sind beispielsweise zwei digitale Technologien, die den Verkauf ankurbeln können.

Ein Gastbeitrag von Kai Stübane

Kai Stübane ist seit Anfang 2020 bei SAP Leiter des Vertriebs für SAP Customer Experience (CX) in Mittel- und Osteuropa (MEE). Von 2011 bis Mitte 2017 war er bei SAP in verschiedenen Positionen für den Vertrieb auf dem deutschen Markt verantwortlich und übernahm danach die Verantwortung für den Vertrieb verschiedener strategischer Cloud-Lösungen in der MEE-Region. Er wurde 1980 in Berlin geboren und arbeitete nach Abschluss seines Studiums der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Wirtschaft in Berlin mehrere Jahre als Wirtschaftsprüfer und Berater bei der PricewaterhouseCoopers AG.

 

 

Die Studie „Digitalisierung und Vertrieb im Mittelstand“ legt den Finger in die Wunde: Im Schnitt ein Fünftel mehr Umsatz wäre im Corona-Jahr für den deutschen Mittelstand drin gewesen, wenn die Digitalisierung schon weiter fortgeschritten wäre. „30 Prozent der mittelgroßen Unternehmen gehen sogar von entgangenen Umsätzen oberhalb von 20 Prozent aus, weil der Vertrieb nicht in dem Maße digital abgewickelt werden konnte, wie es pandemiebedingt notwendig gewesen wäre“, konstatiert die Untersuchung, für die 200 Inhaber, Geschäftsführer sowie Vertriebsleiter mittelgroßer Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern befragt wurden. Die größten Umsatzeinbußen, die auf diese Ursache zurückzuführen sind, entstanden der Studie zufolge in Firmen mit einem Gesamtumsatz von unter zehn Millionen Euro sowie in eher jüngeren Unternehmen, deren Gründung weniger als 20 Jahre zurückliegt.

Das traurige Gesamtergebnis: Im Moment sieht sich nur gut jeder zweite Betrieb im digitalen Vertrieb gut bis sehr gut aufgestellt. Denn von Angebotserstellung über Leadgenerierung, Qualifizierung und Abschluss bis hin zur Bestandskundenpflege laufen im Mittelstand fast alle Vertriebsaktivitäten höchstens zur Hälfte über Online-Kanäle beziehungsweise softwaregestützt ab. Noch rudimentärer ist laut der Studie die Digitalisierung der Angebotsprozesse ausgeprägt: Hier bieten nur 28 Prozent der Unternehmen online-basierte Services oder eine digitale Beratung an.

Nachholbedarf bei der Vertriebsdigitalisierung in Angriff nehmen

Die gute Nachricht: 96 Prozent der befragten Entscheider haben erkannt, dass sie großen Nachholbedarf bei der Digitalisierung ihres Vertriebs haben. Den größten Handlungsdruck sehen sie dabei bei der Neukundengewinnung, Online-Verkaufsgesprächen sowie den Beauftragungen und Vertragsabschlüssen. Drei Viertel der deutschen Mittelständler erkennen die bisherigen Erfahrungen in der Pandemie auch als einen Treiber für die digitale Transformation, der sich wirtschaftlich langfristig positiv auszahlen wird. Sieben von zehn Firmen gaben zu Protokoll, dass die Corona-Krise ein maßgeblicher Anlass dafür ist, ihre Vertriebsstrategien und -prozesse anzupassen und weiterzuentwickeln.

Um hier in den nächsten Monaten voranzukommen, fehlen vielen mittelständischen Unternehmen aber laut eigenen Aussagen die Ressourcen. 73 Prozent geben in der Studie an, aufgrund der Pandemie aktuell nicht genügend Kapazitäten und Know-how zu haben, um die identifizierten Baustellen effektiv anzugehen. Weitere Probleme, die häufig genannt werden: Fehlende Aus- und Fortbildungsprogramme zu digitalen Vertriebsstrategien nach aktuellem Stand (71 Prozent), Schwierigkeiten bei der zielgruppengerechten Ansprache über digitale Kanäle (70 Prozent) sowie eine insgesamt zu starke Dynamik beim Thema digitaler Sales.

Doch wer in Zukunft nicht noch weitere Umsatzverluste durch die fehlende Modernisierung seines Vertriebs hinnehmen will, muss jetzt schnell handeln und die Hindernisse aus dem Weg räumen. „Das Jahr 2021 ist noch nicht verloren. Wer jetzt die Ärmel hochkrempelt und im Vertrieb auf erprobte, digitale Erfolgskonzepte umstellt, kann sich am Jahresende über ein Extra-Plus freuen„, sind die Studien-Verfasser überzeugt. Und da kann ich ihnen nur Recht geben. Es ist nie zu spät, die erkannten Herausforderungen anzupacken. Etwa mit Hilfe von Marketing-Automation. Denn sie hilft dabei, unbekannte Interessenten in erfolgversprechende Leads zu verwandeln, die dann vom Vertrieb systematisch bearbeitet werden können.

Marketing-Automation schafft die Voraussetzungen für erfolgreichen Vertrieb

Moderne Cloud-Lösungen für den B2B- und B2C-Bereich – wie zum Beispiel die SAP Marketing Cloud – erlauben eine personalisierte Ansprache entlang der gesamten Customer Journey auf allen Kanälen – mit einem 360°-Blick auf jeden einzelnen (potenziellen) Kunden, einschließlich seiner ableitbaren Motive und Bedürfnisse. Die Software erfasst, wie und wo er sich bewegt, welche Websites und Apps er nutzt und ob er eher das Call-Center oder das Verkaufspersonal kontaktiert.

Diese Daten nutzt die Marketing Automation-Lösung zur kontinuierlichen Aktualisierung eines Rundum-Profils bei bestehenden wie auch bei potenziellen Kunden. Interessenten können so vom ersten Kontakt, zum Lead und bis hin zur Verkaufschance für den Vertrieb qualifiziert werden. Bestandskunden lassen sich außerdem durch gezielte Maßnahmen an das Unternehmen binden.

Ein professionelles Kampagnenmanagement und E-Mail-Marketing wird mit Hilfe einer integrierten Marketing-Automation-Software ebenso einfach realisierbar wie eine effiziente Leadgenerierung oder die Analyse von Kennzahlen (KPIs) in Echtzeit. Neue Kampagnen können schnell und intuitiv angelegt und Zielgruppen einfach segmentiert werden. Schnittstellen zu Google AdWords und Google Analytics erleichtern die Kampagnendurchführung sowie das -reporting.

Durch eine bessere Kenntnis über die Kundenbedürfnisse, der Möglichkeit der individuellen Ansprache jeder einzelnen Person sowie der Reaktion auf Echtzeit-Ereignisse verschaffen sich auch mittelständische Unternehmen einen entscheidenden Vorteil gegenüber ihren (größeren) Mitbewerbern. Gleichzeitig kann damit digitale Transformation im Betrieb erfolgreich vorangetrieben werden. Und der kurzfristige Nutzen lässt sich auf die einfache Formel bringen: Mehr Leads = mehr Verkaufschancen = mehr Umsatz!

Marketing Automation mit der SAP Marketing Cloud

Marketing Automation mit der SAP Marketing Cloud

Ohne CRM-System erfolgreich? Kaum zu glauben, aber wahr

Ein schönes Beispiel stammt von der STOBAG AG. Das Schweizer Familienunternehmen in der dritten Generation in der textilen Sonnen- und Wetterschutzbranche mit über 700 Mitarbeitenden mit Hauptsitz in Muri im Kanton Aargau hatte in der Vergangenheit – trotz erfolgreichem Geschäft, einem großem Vertriebsnetz und Kundenstamm sowie internationalen Standorten in verschiedenen Ländern –kein CRM-System im Einsatz. Kaum zu glauben, aber wahr.

Da dieser Zustand dringend geändert werden musste, fiel die Wahl nach einer zweistufigen Evaluation einer CRM-Lösung auf die SAP Sales Cloud mit Anbindung an das vorhandene ERP-System mit dem Ziel einer umfassenden Digitalisierung und Standardisierung aller Geschäftsprozesse in Marketing, Sales und Service. Für ein effizientes Kunden- und Partnermanagement sollte eine einheitliche Lösung geschaffen und zunächst in der Schweiz zum Einsatz gebracht werden. Da ja zuvor kein digitales Vertriebssystem genutzt wurde, konnte man bei diesem Projekt auf der grünen Wiese aus dem Vollen schöpfen und sämtliche Sales-Prozesse gezielt und ohne Altlasten in der Cloud optimal abbilden.

Auch ein indirektes Vertriebsmodell lässt sich im CRM darstellen

Dazu gehören auch die Herausforderungen des indirekten Vertriebsmodells des Mittelständlers, der bei der Realisierung seiner Lösungen im Haus der Kunden eng mit Fachpartnern, Servicebetrieben und Handwerkern zusammenarbeitet. Hier kommt es darauf an, einen Lead bzw. eine Anfrage im entscheidenden Moment des Kaufentscheidungsprozesses an den richtigen Fachpartner übergeben, die Verkaufschance effektiv weiter zu verfolgen und sie letztendlich erfolgreich gemeinsam zum Abschluss zu bringen.

Durch ein frühes Einbeziehen der Stakeholder und der beteiligten Unternehmensbereiche konnte das CRM-System so aufgesetzt werden, dass es dem Unternehmen den höchstmöglichen Nutzen bringt. Erklärtes Ziel: Dem Vertrieb sollte neben den herkömmlichen Kundendaten auch alle Kunden-Interaktionen, Auswertungen, Prognosen und die Verkaufsplanung zur Verfügung gestellt werden. Zudem war eine Übersicht über Leads und Opportunities sowie über aktuelle Aufgaben oder Termine gewünscht.

Und natürlich sollte der indirekte Produktvertrieb mit seinem dichten Netzwerk aus Partnern nicht nur optimal abgebildet, sondern auf der System- und Prozessebene auch mit dem bestehenden Online-Fachpartnerportal verbunden werden. Zudem war eine Vielzahl von komplexen Produktkonfigurationen und deren Stücklisten zwischen ERP und CRM zu integrieren, um diese in den Opportunities und Angeboten verwenden zu können.

Realitätsnahe Produktvisualisierung mit Hilfe von Augmented Reality

Gleichzeitig wurde auch nach Wegen gesucht, um den Interessenten und Kunden die komplexen Produkte des Mittelständlers besser visualisieren zu können. Bisher war es so, dass man zusammen mit den Fachhändlern das Projekt der Terrassen- oder Gartengestaltung auf der Basis von Konstruktionsplänen vorgenommen hat. Das erfordert auf Verbraucherseite ein großes Vorstellungsvermögen, weil diese Pläne eben nur in zwei Dimensionen vorliegen.

Mit Hilfe von Augmented Reality soll es schon bald möglich sein, die zuvor ausgewählte Sonnenmarkise oder Wetterschutzlösung in einer tollen digitalen dreidimensionalen Visualisierung am eigenen Haus oder an der eigenen Terrasse zu erleben. Dann können die Kunden sehen, wie die neue Pergola oder der neue Pavillon in ihrem Garten aussieht und, wenn nötig, die Visualisierung auch gleich zur Bauplanung nutzen.

STOBAG liefert seinen Interessenten und Kunden mit diesen neuen virtuellen Produkterlebnissen nicht nur oft nachgefragte Live-Inspirationen für den Kaufentscheid. Vielmehr kann dann auch jeder Nutzer durch Ausprobieren und Vergleichen selbst in die Gestaltung eingreifen und gewünschte Materialien, Farben und Funktionen miteinander kombinieren und sie in unterschiedlichen Licht- und Anwendungssituationen realitätsnah testen.

Stobag

Stobag: Das Schweizer Familienunternehmen in der textilen Sonnen- und Wetterschutzbranche

Deutliches Wachstum 2020 trotz Corona-Einschränkungen

Bereits heute werden den Mitarbeitenden im Vertrieb sämtliche verfügbaren Informationen sowie alle relevanten Kennzahlen über einen Kunden übersichtlich auf einem Dashboard präsentiert – sowohl auf Mobilgeräten als auch am Desktop-PC. Die Verkaufsprozesse werden dadurch enorm vereinfacht und durch eine intelligente Verknüpfung der Informationen existiert jederzeit eine 360-Grad-Sicht auf die Kunden.

Dies hilft allen Beteiligten im Unternehmen die Verbraucher besser zu verstehen und sie gezielt und individuell anzusprechen. Und das zahlt sich aus. Inzwischen weiß ich, dass die STOBAG AG trotz erschwerter Bedingungen durch Corona im Jahr 2020 ein deutliches Wachstum erzielen konnte und auf ein ausgezeichnetes Geschäftsjahr zurückblickt. Das ist doch der schönste Beweis, dass sich die Vertriebsdigitalisierung tatsächlich lohnt.

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