Augmented Reality für Customer Experience: Ein Riese erwacht

4
Mai

An was denken Sie bei Augmented Reality für Customer Experience? An Jugendliche mit undurchsichtigen Taucherbrillen – AR Helmen –  auf einer Gamer Messe, die sich in virtuellen Welten wilde Autorennen liefern? Hand aufs Herz: Kennen Sie die Unterschiede zwischen Augmented, Virtual und Mixed Reality oder können spontan 3,4 Augmented Anwendungen in Unternehmen aus dem Vertrieb oder Kundenservice benennen? Bringen wir zunächst ein wenig Klarheit in die unterschiedlichen Begriffe. Augmented Reality ist ein reales Bild (die Bahnhofstrasse in Zürich, der Kaffeevollautomat, eine CNC Werkzeugmaschine) über das in einer zweiten Ebene digitale Informationen eingeblendet oder gelegt werden, die zusätzliche Informationen zu diesem Bild liefern. Unter dem Begriff Augmented Reality wird also primär die Erweiterung der visuellen Wahrnehmung zusammengefasst. Zum Anschauen reicht dabei ein Smartphone oder ein tablet. Die virtuelle Realität ist eine im Computer geschaffene künstliche Welt. Und Mixed Reality die Verknüpfung beider Welten. In diesem Blogbeitrag soll es um Augmented Reality und deren Relevanz für Customer Experience; bzw. die Einordnung in unseren CEX Trendradar  gehen.

Wohnung einrichten mit Augmented Reality: IKEA setzt mit geomagical labs neue Maßstäbe

Wohnung einrichten mit Augmented Reality: IKEA setzt mit geomagical labs neue Maßstäbe. Quelle: https://www.geomagical.com/

Augmented Reality für Customer Experience ist keine Spielerei

Über allem steht: Augmented Reality ist kein Selbstzweck für technikverliebte Marketing, Vertriebs und Customer Service Entscheider. Welchen konkreten Nutzen Augmented Reality  – AR – für den Kunden und das Unternehmen bringen kann, will ich nachfolgend an Beispielen aufzeigen. Dabei müssen wir bei diesem Trend für die Einordnung in unserem CEX Trendradar mehr als in anderen Beiträgen zwischen Anwendungsfällen für B2C und B2B unterscheiden. Und uns jeweils genauer anschauen in welcher Phase der Kundenbeziehung – Akquise, Kauf, Nutzung – AR eingesetzt wird. Die nachfolgende Darstellung zeigt, dass AR eine ganz unterschiedliche Verbreitung und Durchdringung aufweist.

Unterschiedliche Nutzung und Durchdringung von AR in B2B und B2C

Unterschiedliche Nutzung und Durchdringung von AR in B2B und B2C

 

Ob AR letztendlich für die Customer Experience Strategie eines Unternehmens zum Tragen kommt,  ist individuell vom Unternehmen zu entscheiden. Nils Hafner hat dazu mit der Beschreibung der Value Irritant Matrix einen entsprechenden Beitrag veröffentlicht. https://hafneroncrm.blogspot.com/

Augmented Reality für Customer Experience: Wenn Kataloge und Verpackungen zu sprechen anfangen

Beginnen wir mit dem Einsatz von AR in der Akquisephase. Michael K. aus Wien steht im Supermarkt vor dem Regal mit Honig. Auf seiner Einkaufsliste, die ihm seine Frau mitgegeben hat, steht Honig; aber ohne weitere Angaben. Vom Wald- über Blüten-, Sommer- und Akazienhonig, in Gläsern, praktischen Dosierflaschen, Bioqualität,… Er wird von der Vielfalt erschlagen. Sich als Marke gegen die Mitbewerber durchzusetzen fällt schwer. Mielo aus Österreich ist ein junges Unternehmen, welches naturbelassenen Honig produziert. Kein Einsatz von Pestiziden, Unterstützung der Biodiversität hat sich Mielo auf die Fahnen geschrieben. Für den Touchpoint Supermarktregal haben sich Constantia Interactive und wikitude für Mielo eine sprechende, interaktive Verpackung ausgedacht.

Augmented Reality für Customer Experience: Wenn die Verpachung spricht

Augmented Reality für Customer Experience: Wenn die Verpackung spricht. Quelle Constantia Interactive

 

Mit dem Smartphone auf die Verpackung gehen und schon öffnen sich Videos, Geschichten zur Herstellung, den Zielen des Unternehmers, Rezepte,…. Augmented Reality erweckt die Verpackung zum Leben. Das Honigglas, die Verpackung, wird zum Geschichtenerzähler. Kataloge mit Augmented Reality zum Leben erwecken, haben sich Unternehmen wie IKEA oder Lego schon seit einigen Jahren auf die Fahnen geschrieben. Mit der App Places finden Käufer die passenden Möbelstücke für die eigenen vier Wände. IKEA Place ist eine kostenfreie App, die auf dem neuen AR-Kit von Apple aufgebaut ist. IKEA Kunden und Interessierte können auf Basis der Abbildung der eigenen Wohnung, virtuelle Möbelstücke an die gewünschte Stelle platzieren. Vom Sofa,  der Couch bis zum Sessel sind die IKEA Produkte dreidimensional und maßstabsgetreu dargestellt. Mit der Übernahme des startups geomagical labs verwischt die Grenze zwischen Realität und eingeblendeten Inhalten noch einmal ein Stück mehr. Schauen Sie sich einfach das Video auf der website von geomagical labs an. Zurück zu Michael K. Auf dem Nachhauseweg fällt ihm ein, dass seine Frau Clara am Abend eine Freundin besuchen will und das neue Auto braucht. Ein Mercedes, E-Klasse, mit allem was an technischen Funktionen zu haben ist. Der Verkäufer hat sich bei der Übergabe des Autos eine Stunde Zeit genommen und Michael K alles erklärt. Beim Verlassen der Niederlassung hatte Michael schon die Hälfte wieder vergessen. Memory Funktion für 3 verschiedene Sitzposition, Belüftung des Sitzes, damit man im Sommer nicht verschwitzt aus dem Auto steigt, und, und. Die Schmach, das 276 Seite Handbuch mit in die Wohnung zu nehmen, um die memory Funktion nachzuschlagen, will er sich nicht antun. Mercedes nutzt AR um seinen Kunden ein interaktives Handbuch zu bieten. Mit der Kamerafunktion auf das Armaturenbrett und schon blendet die App die wesentlichen Bedienelemente ein. Sprache, Video, Animationen helfen, schnell die gewünschte Funktion zu finden.

 

Handbuch mir Augmented Reality Funktionalität Quelle: https://www.mercedesbenzbuffalo.com/2628-2/

Handbuch mir Augmented Reality Funktionalität Quelle: https://www.mercedesbenzbuffalo.com/2628-2/

 

Die erste Phase nach dem Kauf – onboarding – kann erfolgskritisch für die weitere Kundenbeziehung sein. Unternehmen mit Produkten, die ein 30 tägiges Rückgaberecht beinhalten, stellen nicht von ungefähr Customer Success Manager ein, um den Kunden bei den ersten Schritten der Nutzung zu unterstützen. Michael K wird seine neu erworbene E-Klasse nicht zurückgeben weil er die Memory Funktion nicht sofort findet; seine Erfahrungen während dieser Phase können jedoch Auswirkungen auf seine Wiederkaufsabsichten haben. Ein anschauliches Beispiel für die Auswirkungen einer misslungenen onboarding Phase liefert BMW. iDrive ein revolutionär einfach zu bedienendes System wurde 2001 mit der Vorstellung des neuen 7er vorgestellt. Heute haben nahezu alle Automobilhersteller das Prinzip eines zentralen Drehknopfs in ihren Autos eingebaut. 2001 wurde die Einführung fast zum Flop, weil Vorstände von Banken, Versicherungen mit der neuen 7er Reihe liebäugelten, nicht jedoch die Chauffeure. Sie taten sich schwer mit dem neuen, einfachen System. Keine Spur von Fahrvergnügen. BMW musste Einführungskurse in iDrive geben, um die Chauffeure zu überzeugen. Und das System nachbessern. Heute können Augmented Reality Anwendungen diesen Teil der Kundenreise sehr viel stressfreier gestalten. Die situationsbezogene Anreicherung mit erklärenden Daten, Videos, einer Stimme, die zusätzliche Erläuterungen gibt, hilft das Produkt schneller zu produktiv zu nutzen.

Michael K hat den Fahrersitz mit der memory Funktion mittlerweile so eingestellt, dass seine Frau weder Sitz noch Aussenspiegel für Ihre Position verändern muss. Statt eines gemütlichen Feierabends muss er jedoch zuvor noch das Geschirr in die Spülmaschine räumen, die Spülmaschine laufen lassen. Die Spülmaschine zeigt nach dem Einschalten allerdings Error Code 202 auf dem Display an und verweigert ihren Dienst. Das Handbuch ist bei der Anschaffung gleich zusammen mit der Verpackung in den Müll gewandert. Im Kundenservice für technische Gebrauchsgüter (Kaffeevollautomat, Waschmaschine, Staubsauger, WLAN Router,…) läuft im Regelfall folgender Film ab (verkürzte Version):

Social Distancing für Servicetechniker gibt Augmented Reality einen zusätzlichen Schub

 

Anruf bei der Hotline des Herstellers, Identifikation des Kunden und des Gerätes, Problem beschreiben, Problem wiederholen und mindestens noch dreimal beschreiben. Der Hersteller informiert den nächstgelegenen Händler, der sich nach 2 Stunden meldet, sich das Problem noch mal beschreiben lässt, einen Termin für den Techniker vereinbart. Der Techniker vor Ort schaut sich das Problem an, reinigt ein Sieb, berechnet 75 € für die Anfahrt und fährt wieder zurück in die Werkstatt. Glück im Unglück, könnte man sagen. Keine kostspielige Reparatur notwendig. Michael K hat ebenfalls den Hersteller angerufen. Die Samsung Mitarbeiterin sendet ihm einen link auf sein smartphone, erhält Zugriff auf die Kamera und erkennt an der aufgenommenen Seriennummer um welches Modell es sich handelt. Error Code 202 ist nichts Schlimmes, erklärt sie Michael K. Sie erklärt ihm auf welche Stelle am Boden der Spülmaschine Michael K die Kamera richten soll, und kreist mit einem Stift an ihrem PC das Sieb ein und erklärt, wie dieses Sieb zu öffnen und zu reinigen sind. Das Ganze dauert gut eine Viertelstunde.

Remote Support mit Augmented Reality auf Basis teamviewer pilot.

Remote Support mit Augmented Reality auf Basis teamviewer pilot. Quelle: https://www.digitalbusiness-cloud.de/teamviewer-pilot-fernsupport-mithilfe-von-augmented-reality/

In vielen solcher Fälle ist bei den Kundenservicekonzepten der Hersteller eine Präsenz eines Technikers vor Ort erforderlich.  Die Unterstützung per Telefon reicht häufig nicht aus.  Sie kostet sehr viel Zeit, ist für Kunde und Mitarbeiter im Kundenservice gleichermassen anstrengend und häufig mit Missverständnissen verbunden. Eine Videotelefonie ist nicht interaktiv genug und die Anwesenheit eines Servicetechnkers ist – unabhängig von aktuellen Corona Einschränkungen teuer.

Augmented Reality: Der Dialog mit dem Kunden ist weniger vom Aneinander Vorbeireden sondern vom Miteinander Lösen geprägt.

Bei komplizierten Fehlern, die eine Präsenz erfordern, sind viele aktuelle Prozesse für Reparaturen schnell am Ende. Anbieter wie teamviewer, Logmein Rescue, Techsee haben ihre Videochat/Videotelefonie Lösungen um Augmented Reality Funktionen erweitert. Die aktuelle Corona Krise hat die Entwicklung zu AR Remote Service Konzepten zusätzlich beschleunigt. Es ist nicht nur der Kostenfaktor, der für Kunden und Unternehmen ins Gewicht fällt. Die Zeitersparnis, das Kundenerlebnis gewinnt eine neue Qualität.

Ablauf einer Remote Support Session. Basis Techsee Technolgie

Ablauf einer Remote Support Session. Basis Techsee Technolgie; Quelle: https://techsee.me/

 

Augmented Reality für Customer Experience: Ein Riese erwacht

 

Im Gegensatz zu B2C ist der Einsatz von Augmented Reality im B2B längst Realität. Deutsche Hersteller von Fräs- Stanz-, Verpackungsmaschinen, CNC Bearbeitungszentren, Tunnelbohrsystemen, Produktionsanlagen können ihre Position auf dem Weltmarkt nicht ausschliesslich auf dem Produkt selbst aufbauen. Die Kosten für Schulung, Wartung und Reparaturen fliessen in eine Investitionsentscheidung mit ein. Total Cost of Ownership ist die beherrsche Kennziffer für die Entscheidung für einen bestimmten Anbieter. Wenn eine Verpackungsmaschine von Windmöller & Hölscher in Shanghai zwei Tage steht, weil der Mitarbeiter vor Ort eine notwendige Einstellung nicht vornehmen kann, entstehen hohe Kosten. Wenn der Techniker vor Ort das Werk gerade nicht besuchen darf – oder kann – sind andere Konzepte gefragt. Im Prinzip funktioniert Augmented Reality genau so wie in unserem Beispiel der Spülmaschine. Nur, dass der Kundenmitarbeiter vor Ort an der Maschine eher eine Datenbrille trägt, damit er beide Hände frei hat für das Bedienen der Maschine. Kunde und Mitarbeiter sehen das selbe Bild; Fehler lassen sich schneller eingrenzen und beheben. Wenn man sich die Referenzliste der Augmented Reality Anbieter für den B2B Sektor anschaut, sieht man, welche breite Durchdringung diese Technologie gefunden hat. Schulung, Onboarding, Kundenservice mit Augmented Reality umzusetzen, sind geübter Standard.

Einsatz Augmented Reality im Kundenservice von Windmöller und Hölscher. Quelle:

Einsatz Augmented Reality im Kundenservice von Windmöller und Hölscher. Quelle: https://www.wh.group/de/

Eine Liste von Anbietern finden Sie unter: https://marketing-resultant.de/mediathek-2/

Remote Assistance mit Augmented Reality ist eine  Schlüsselanwendung

Beim Einsatz von Augmented Reality ergibt sich ein sehr heterogenes Bild je nach Markt (B2B oder B2C), Phase der Kundenbeziehung und auch Branche. Anwendungsbeispiele für Banken oder Versicherungen oder andere Dienstleistungen sind aktuell eher Mangelware, wenn man von Ausnahmen wie z.B. der AXIS Bank in Indien absieht. Die Akzeptanz und die Experimentierfreude mit Augmented Reality ist zudem in Europa weniger stark ausgeprägt als in China, Indien, den nordeuropäischen Ländern. Einzelbeispiele wie die Promotion von BMW für den X2 auf snapchat prägen eher das Bild.

Dennoch steht Augmented Reality eine rosige Zukunft bevor. Amazon, facebook, google haben massiv in diese Technologie investiert, erfolgversprechende start-ups aufgekauft und Lösungen entwickelt, die Augmented Reality einer breiten Masse an Unternehmen zugänglich machen. Der ARkit von Apple ist nicht entwickelt worden um Spiele zu entwickeln. Hier stehen Business Anwendungen im Vordergrund. Die aktuelle Corona Krise mit den Einschränkungen für die physische Präsenz vor Ort haben den Augmented Reality Anwendungen im Immobilenverkauf (Beispiel IMMO 3D – einen enormen Zulauf beschert. Die Visualisierung, das Anreichern mit Zusatzinformationen – Umgebungs-Informationen wie Schulen, Verkehrsanbindung, Platzieren von Möbelstücken in die Wohnumgebung – ersetzen zwar nicht vollständig die Besichtigung vor Ort leisten aber einen wichtigen Beitrag für die Kundenerfahrung.  Und sie schaffen die generelle Akzeptanz für diese Technologie. Die Remote Unterstützung durch den Kundenservice per Smartphone hat sich im B2B Markt als Standard durchgesetzt; der B2C Markt wird folgen.

Artikel kommentieren

Marketing Resultant