Der Wagen streikt, die Kaffeemaschine will nicht mehr, die Heizung steigt aus, und das mitten im Winter: Jedes Erlebnis für sich schon schlimm genug. Wenn dann aber auch noch der Kundenservice vom Hersteller oder Händler schlecht ist, dann ist die Laune endgültig im Keller.
Was im privaten Umfeld (B2C) gilt, gilt selbstverständlich auch im Betrieb (B2B). Steht eine Maschine, muss schnell gehandelt werden. Alles andere kann richtig bös ins Geld gehen.
Neben einer schnellen Reaktionszeit gehören heute aber auch noch andere Aspekte zu einem guten Kundenservice. Stellen Sie sich vor, Sie brauchen Hilfe. Ihre erste Station: die Unternehmenswebseite. Nachdem Sie erfolglos nach einer Lösung Ihres Problems gesucht haben, finden Sie eine Schaltfläche mit der Aufschrift „Kontakt“. Über den Link gelangen Sie im schlechteren Fall zu einem Formular mit zwei Dutzend Auswahlmöglichkeiten, von welchen keine auf Ihr Problem zutrifft. Im besseren Fall finden Sie eine Telefonnummer, die Sie wählen. Nur um dann die folgende Meldung zu hören: „Bitte rufen Sie während der regulären Geschäftszeiten an.“ Autsch! Wer hier nicht flucht, lügt.
Ein Gastbeitrag von: Daniel Renggli, Director CX Field Marketing EMEA North, Oracle.
Es gibt sie also, diese «Moments of Truth». Momente, die über alles entscheiden. Denn: Es braucht nur eine schlechte Erfahrung, um die Kundenbeziehung dauerhaft zu zerstören und den Kunden oder die Kundin an die Konkurrenz zu verlieren.
Wie also vermeiden wir es, unsere Kunden zu verärgern? Wie schaffen wir es, stattdessen einen erstklassigen Service zu bieten und die Kundenloyalität zu steigern? Ein paar Tipps, die mit entsprechender Technologie leicht umzusetzen sind:
Tipp 1: Bieten Sie digitale Kommunikationskanäle
Wir befinden uns im Zeitalter der Experience Economy. Kunden erwarten einfache digitale Erlebnisse und einen konsistenten Kundenservice über Kommunikationskanäle hinweg (auch als Omnichannel-Service bezeichnet) – und das rund um die Uhr. Seien Sie dort präsent, wo ihre Kunden sind: auf Facebook Messenger, WhatsApp, WeChat, etc. Vernachlässigen Sie aber auch die traditionellen Kanäle nicht. Eine moderne Customer Service-Lösung bietet Ihrer Kundschaft einfachen Zugang zu den Kanälen ihrer Präferenz. Kundenservice muss dort sein, wo auch die Kunden sind.
Wir befinden uns im Zeitalter der Experience Economy – die Kunden entscheiden, wann, wie und wo sie mit einer Marke in Kontakt treten.
Tipp 2: Automatisieren Sie Antworten zu häufig gestellten Fragen
Laut einer aktuellen Umfrage von Gartner „gaben 76% der CIOs an, aufgrund von COVID-19 eine erhöhte Nachfrage nach neuen digitalen Produkten und Dienstleistungen zu haben“, und „65% verzeichneten eine Zunahme der Nutzung von Self-Service durch ihre Kunden.“
Ihre Kunden nehmen es Ihnen nicht übel, wenn sie nicht mit einem Menschen sprechen können, solange sie auch so schnell (oder schneller) zu einer Problemlösung gelangen. Voraussetzung dafür sind gute Wissensdatenbanken mit einer entsprechend guten Suchmaschine innerhalb der Self-Service-Anwendung. Auch hier gehören Felder mit Drop-down-Listen zur Einschränkung des Problems der Vergangenheit an. Wenn ich beispielsweise ein IT-Problem habe, dann kann ich in der Cloudlösung meines Arbeitgebers das Problem durch Freitext-Eingabe beschreiben. Problemlos auch durch einen langen Satz und möglichst präzis, um das Problem so einzuschränken, dass die passende Antwort schon im ersten Anlauf zurückkommt. Was folgt ist eine Auflistung möglicher Problemlösungen mit absteigender Wahrscheinlichkeit. Zum Schluss ein Button für die Anforderung eines IT-Spezialisten, sollte keine der vorgeschlagenen Problemlösungen zutreffen. Eine Option, die ich sehr selten nutze.
Durch die Automatisierung von Kundenanfragen kann einen Großteil der üblichen Frustration vermieden werden, wenn ein Problem außerhalb der ordentlichen Geschäftszeiten auftritt.
Tipp 3: Setzen Sie digitale Assistenten ein
Guttrainierte, digitale Assistenten – text- oder sprachbasiert – verbessern nachweislich die Customer Experience – und entlasten gleichzeitig Ihr Personal, das sich fortan um wichtigere Dinge kümmern kann und dadurch mehr Sinn und Befriedigung in der Arbeit findet.
Mit digitalen Assistenten, Wissensdatenbanken und Entscheidungssystemen haben Serviceorganisationen virtuelle Mitarbeitende, die niemals essen oder schlafen, sondern rund um die Uhr gerne mit Kunden zusammenarbeiten.
Auch hier gilt: Auswahl-Buttons innerhalb eines Chats mit dem Bot sollten nach Möglichkeit nur zur weiteren Eingrenzung des Problems verwendet werden, oder für eine einfache Rückfrage, die z. B. mit ja oder nein beantwortet werden kann, oder zur Auslösung einer Aktion (Quick Replies oder Chips). Natürlich stellt die Freitext-Eingabe höhere Anforderungen an die Conversation Designer und natürlich sollten Sie Ihre Zielgruppe vor Augen haben. Weder schreiben alle gern, noch sind alle der deutschen Sprache mächtig (beim Conversation Design unbedingt auch berücksichtigen).
Beispiel gefällig? Hermes, mit rund 400 Millionen Paketlieferungen im Jahr die klare Nummer 2 in Großbritannien nach Royal Mail, kann mit ihrer digitalen Assistentin Holly 38 % der Kundenanfragen innerhalb von Sekunden beantworten – während Tag und Nacht. Zu Spitzenzeiten bearbeitet Hermes mehr als 2 Millionen Pakete und erhält rund 14.000 eingehende Chats pro Tag. Holly hilft z. B. bei der Verfolgung von Paketen oder bei der Bestimmung des sicheren Ortes, an dem ein Paket vom Kurier hinterlegt werden soll.
Der Oracle Digital Assistant hat nicht nur dazu beigetragen, die Chats mit Live-Agenten zu reduzieren, sondern auch die Support-Interaktionen, die einen Menschen erfordern, um 30 % zu verringern. Das gibt den Agenten Zeit, sich mit anspruchsvolleren, interessanteren Fällen zu beschäftigen. Ganz nebenbei sind auch Kundenzufriedenheit und Net Promoter Score sowie die TrustPilot-Bewertungen deutlich gestiegen. Holly erhält gelegentlich sogar Dankesbriefe von glücklichen Kunden!
Tipp 4: Gute Sprachassistenten verbessern die Customer Experience
Alexa, Siri, Cortana und Co. machen es vor. Was heute noch mehrheitlich im privaten Umfeld genutzt wird, wird schon bald auch im B2B-Bereich zur Selbstverständlichkeit werden. Anders gesagt: Ihre Kunden werden es erwarten!
Wenn Ihre virtuellen Mitarbeitenden auch die menschliche Sprache verstehen und interpretieren können (Natural Language Processing), dann arbeiten die Kunden auch lieber mit den Bots zusammen.
Contact Center können durch die Verwendung digitaler Assistenten zur Bearbeitung einfacher Routineanfragen erhebliche Einsparungen erzielen. Gartner prognostiziert, dass Kundenservice-Organisationen, die AI in ihre „multichannel customer engagement“ Plattform einbetten, bis 2025 die operationale Effizienz um 25 % steigern können, gemäß einem Bericht im Chatbots Journal.
Die Chatbot-Revolution mag noch in den Kinderschuhen stecken, aber Chatbots werden nach und nach Anwendungen und Messaging-Schnittstellen sowie herkömmliche Browser ersetzen. «Conversational AI» oder sprachbasierte KI werden für die Kundenbeziehungen an Bedeutung gewinnen. Die neue Schnittstelle zum Unternehmen vereinfacht die Suche nach Informationen und beschleunigt präzise und personalisierte Antworten, da der Bot neben der Wissensdatenbank mit dem Informationssystem des Unternehmens verbunden ist und in Echtzeit Zugang zu allen Kundendaten hat (unter Umständen auch zu extern beschafften Daten).
Die neue Schnittstelle zum Unternehmen vereinfacht die Suche nach Informationen und beschleunigt präzise und personalisierte Antworten
Tipp 5: Bilden Sie Teams aus Chatbots und richtigen Menschen
Ein reibungsloser Kundenservice ist unabdingbar für eine gute Customer Experience und loyale Kunden. Digitale Assistenten und KI-gesteuerte Entscheidungen haben ihre Grenzen (noch). Führende Marken kombinieren deshalb die Automatisierung digitaler Dienste mit menschlicher Interaktion. Kundendienstmitarbeiter sind nach wie vor für komplexe Anfragen von entscheidender Bedeutung. Unterstützt werden Sie dabei durch KI, durch sogenannte „Intelligent Advisors“. Forrester bemerkte die Entstehung neuer „Superagenten“, die als Produkt- oder Beziehungsexperten mit tiefem Fachwissen dienen. Führungskräfte in Contact Center suchen deshalb vermehrt nach Agenten mit spezielleren Fähigkeiten, um automatisierte Servicetechnologien zu komplementieren.
Ein Beispiel: Als illycaffè seine produktorientierte E-Commerce-Website durch eine Website ersetzte, die sich auf ein kundenorientierteres E-Commerce-Erlebnis konzentriert, konnte der Umsatz des Unternehmens in den ersten 18 Monaten um 24 % gesteigert werden. Das Unternehmen fügte einen Chatbot hinzu, der mit der Oracle Digital Assistant-Technologie erstellt wurde, damit die digital versiertesten Kunden ihre Fragen zu Produktfunktionen, Verfügbarkeit und Preisen über ein Portal auf der Website an den Chatbot senden können. Menschliche Kundendienstmitarbeiter beantworten alle Fragen, die der Chatbot nicht beantworten kann.
Tipp 6: Steigern Sie die Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden – und damit auch die Kundenzufriedenheit
Diese Korrelation ist zwar nicht absolut, es braucht selbstverständlich mehr, aber unzufriedene Mitarbeitende engagieren sich deutlich weniger und tragen seltener zu guten Problemlösungen bei.
Wir haben es am Beispiel von Hermes gesehen. Dank Holly konnten nicht nur Kosten eingespart, sondern auch die Mitarbeiterzufriedenheit gesteigert werden, weil sich die Agenten mit sinnvolleren, interessanteren Fällen beschäftigen können.
Auch Hilton hat früh erkannt, dass die Employee Experience genauso wichtig ist wie die Customer Experience. Die Hotelkette, deren DNA technologische Innovationen enthält, erfüllt die Erwartungen der Belegschaft durch verschiedene digitale Technologien. Das Unternehmen verwendet digitale Chatbots, um häufig gestellte Fragen der Angestellten zu beantworten. Damit gewinnt das HR-Team mehr freie Zeit für hochwertige Aufgaben, und die Mitarbeitenden an der Front mehr Zeit für Services, für die weiße Handschuhe erforderlich sind. Damit leisten die Bots auch einen positiven Beitrag an die Kundenzufriedenheit und die Kundenbindung.
Es gibt vieles, was in einem Contact Center stimmen muss, damit die Agenten zufrieden sind. Ganz wichtig ist sicher auch die Software, mit welcher die Angestellten über rund acht Stunden zu arbeiten haben. Oracle hat umfangreiche Überlegungen angestellt, wie Agenten mithilfe von Technologie ein besseres Kundenerlebnis erzielen können. Mit einer neuen Benutzeroberfläche sehen Agenten Kundeninteraktionen als eine fortlaufende Konversation, ähnlich wie bei Social Media-Feeds, die man aus dem privaten Umfeld kennt. Der Feed kann mehrere Servicevorfälle oder Kontaktpunkte im gesamten Unternehmen enthalten. Agenten können zudem vereinfacht Informationen suchen und mithilfe eines Agentenassistenten schneller auf Serviceanfragen reagieren. Bei jeder Kundeninteraktion schlägt die Servicelösung dank KI zudem Maßnahmen vor, die auf dem Kontext jeder Anfrage basieren.
Tipp 7: Seien Sie proaktiv
Die größte Kundenzufriedenheit erzielen Sie dann, wenn Sie agieren, bevor das Problem entsteht. Ich weiß von einem mittelständischen Unternehmen, dessen Mitarbeitende in der Produktion dem Kundendienst jeden Nachmittag um 3 Uhr die noch nicht fertiggestellten Aufträge melden müssen. Dann wird kurz analysiert, was bis 6 Uhr noch zu schaffen ist. Für die drei, vier anderen Fälle werden die Kunden benachrichtigt, dass es zu einer Verzögerung kommt. Trotz der eigentlich negativen Nachricht konnte das Unternehmen so die Kundenzufriedenheit steigern.
Natürlich lassen sich solche Prozesse mit moderner Technologie auch automatisieren. Günstige RFID-Chips, die bei der Beschaffung und im Produktionsprozess eingesetzt werden, die Überwachung einzelner Arbeitsschritte oder Video-Tracking machen das längst möglich.
Auch in Bezug auf einen guten Kundendienst, kann das Internet of Things (IoT) einen wesentlichen Beitrag leisten. Maschinen melden Unregelmäßigkeiten selbständig bevor es zu einem Stillstand kommt. Predictive Maintenance führt dazu, dass der Service-Techniker bei Kunden steht, bevor diese überhaupt etwas bemerkt haben.
Die 7 Tipps für eine bessere CX im Kundenservice in der Übersicht
Wo stehen Serviceorganisationen heute?
Bei all der heute zur Verfügung stehenden Technologie stellt sich die Frage, warum nicht jede Organisation diese für eine bessere Customer Experience nutzt. Die Antwort ist simpel: Die Bereitstellung digitaler, automatisierter Services war eine kostspielige Angelegenheit – bis jetzt. Cloud-Infrastruktur, wie z. B. die Oracle Cloud Infrastructure mit eingebauter KI, schafft eine kostengünstige Basis für die Automatisierung von Services. Und die Kosten für die Nutzung von Servicelösungen hängen im Wesentlichen von der Anzahl Nutzer ab. Investitionen in Hardware und Betriebspersonal sind nicht mehr nötig. Auch Chatbot-Experten können weitestgehend eingespart werden: Anstatt ein Team von Experten anzuheuern, um einen digitalen Assistenten für die Beantwortung aller möglichen Kundenfragen auszubilden, können Sie dem digitalen Assistenten Zugriff auf Ihre Wissensdatenbank gewähren und ihn ein paar Kunden interviewen lassen, um damit die Antworten zu personalisieren. Der Oracle Intelligent Advisor macht dies möglich.
Gut zu wissen auch, dass Lösungen, wie ich sie hier beschrieben habe, heute innert Wochen statt Monaten umgesetzt werden können.
Fazit
Es ist wichtig, den Kunden die Wahl zu lassen, wann und in welchem Kanal sie mit Ihnen interagieren wollen. Durch das Angebot eines automatisierten, proaktiven und personalisierten Service bieten Sie nicht nur ein nahtloses Kundenerlebnis (CX), sondern senken auch die Kosten erheblich.
Ob über einen digitalen Serviceassistenten oder einen Live-Superagenten – die Bereitstellung eines personalisierten und nahtlosen Kundenservice kann den Unterschied zwischen Kundenbindung und Kundenabwanderung ausmachen. Es lohnt sich also, hier zeitnah einmal genauer hinzusehen!
Weitere Blogbeiträge von Daniel Renggli finden Sie hier: https://blogs.oracle.com/author/daniel-renggli