Ohne WFM kein Omnichannel

9
Aug

Omnichannel – nicht nur eine Definition

Für die einen bedeutet Omnichannel eine eher technische Möglichkeit. Für die anderen bedeutet es die inhaltliche Möglichkeit, unabhängig vom Kommunikationskanal für jeden Kunden bei jedem Kundenkontakt, selbst bei einem Kanalwechsel, eine nahtlose und integrierte Bearbeitung bei möglichst positiver Kundenerfahrung und unter Berücksichtigung der Unternehmensziele erreichen zu können. Diese Definition setzt sich mehr und mehr durch und rückt die Technologie in den Hintergrund. Die ausgewogene Berücksichtigung von Kundenzufriedenheit und Unternehmenszielen im stetigen Abgleich machen den Nutzen von Omnichannel aus. Technologie darf dabei nicht Selbstzweck sein, sondern muss als nutzenbringendes Werkzeug eingesetzt werden. Einfacher gesprochen: Es geht nicht um die Bohrmaschine, sondern um das Loch in der Wand, eigentlich sogar eher um das daran aufgehängte Bild.

Ein Gastbeitrag von Ralf Thomas, Geschäftsführer bei opcyc GmbH

Ralf Thomas, seit mehr als 25 Jahren in verschiedenen leitenden Positionen im Kundenservice tätig, ist Geschäftsführer der opcyc GmbH. Mit der aus der betrieblichen Praxis heraus entwickelten Workforce Management-Software „opcycWFM“ unterstützt das Unternehmen seine Kunden bei der Planung und Steuerung von Kundenservice-Centern. Dazu gehören: Forecast, Schicht- und Einsatzplanung, operative Steuerung, lohnfertige Zeitwirtschaft, Reporting und Analyse.

 

 

Komplexitätsgrade

Im modernen Kundenservice hat man es mit diversen Kommunikationskanälen zu tun. Technologisch gesehen lassen sich dabei z.B. Fax, Brief und eMail gleichermaßen verarbeiten. Allerdings geraten die kanalspezifischen Erwartungshaltungen auf Kundenseite dabei in Vergessenheit. Soviel Sinn die technologische Zusammenlegung machen mag, so wenig zielführend ist sie aus der Sicht des operativen Kundenservices. Die eigentliche Komplexität entsteht durch zwei entscheidende Fragen auf die schlussendlich alles in der Steuerung des Kundenservices reduziert werden kann: „Jetzt oder später?“ und „Mensch oder Maschine?“.

Fasst man alle Kommunikationskanäle als eine Dimension zusammen und versteht, dass die beiden Kernfragen sowohl unabhängig voneinander stehen können, sich dennoch aber andererseits bedingen, so befindet man sich in einem hyperdimensionalen Entscheidungsraum, der zudem pro Anliegen auch noch abschnittweise zu durchschreiten ist.

Immer wieder müssen die möglicherweise aus Unternehmenssicht und Kundensicht unterschiedlichen Antworten abgewogen werden. Allein auf Unternehmensseite befinden sich Verwaltungskosten, Personalkosten, Technikkosten und Auslastung, Erstlösungsquote, Bearbeitungsdauer, Fluktuation und viele andere Dinge mehr in dem Entscheidungsraum. Auch auf Kundenseite lässt sich z.B.  „Zufriedenheit“ grundsätzlich nur schwer mit einer einzigen Parametrisierung erfassen. Als Extrakt dienen hier möglicherweise Gewinn (Unternehmenssicht) und NPS (Kundensicht) allerhöchstens als Hilfsgrößen.

WFM

Angesichts niemals unbegrenzter Verfügbarkeit von Ressourcen, können die beiden Fragen unter dem Blickwinkel jetziger und späterer Verfügbarkeiten noch einmal grundlegend anders beantwortbar werden. Steht die Dimension „Verfügbarkeit“ im Entscheidungsraum nicht zur Verfügung, so verkümmert alles vorher Gesagte zur reinen Technologie. Ohne den Einbezug von Verfügbarkeiten von „Mensch“ und „Maschine“ in den Entscheidungsraum, ist es unmöglich, die Technologie Omnichannel für Kunden und Unternehmen nutzbar zu machen. Dass die reine Kostensicht hierbei zu eindimensional ist und die kurzsichtige Entscheidung „immer Maschine, wo Mensch zu teuer“ im Kundenservice wenig zielführend ist, dürfte hinreichend gelernt worden sein.

Während die Omnichannel-Technologie die Frage nach Verfügbarkeiten im IST-Zustand gut und sogar kanalübergreifend beantworten kann, ist die Beantwortung von Fragen nach zukünftigen Verfügbarkeiten oder auch nach zukünftigen sinnvollen Umplanungen von Verfügbarkeiten ohne ein  WorkforceManagement (WFM) nicht möglich.

Die Entscheidungsfindung „Jetzt oder später?“ und „Mensch oder Maschine?“ bleibt ohne WFM also die rein technologische Möglichkeit, alle Kanäle anbieten zu können. Omnichannel verkümmert damit ohne Zugewinn von Nutzen zu rein verfügbarer Technologie.

Erst das Zusammenspiel bringt den Nutzen

Omnichannel verteilt. Das Routing und die Bearbeitung erfolgen nach den jeweils technischen Vorgaben und Möglichkeiten. Kanal- und Bearbeiterwechsel werden durch die Omnichannel Engine technisch ermöglicht.

WFM plant und besetzt. Je nach Verfügbarkeiten, Kosten, Effizienzen und Projekt- und Unternehmensziele wird die Besetzung mit „Mensch“ oder „Maschine“ durch das WFM verplant. Routing und Bearbeitung erfolgen nach Forecast und Planungen aus dem WFM. Kanal- und Bearbeiterwechsel werden aus Daten des WFM abgeleitet und gesteuert.

Erst die Berücksichtigung dieser beiden Aspekte machen aus einer reinen Technologie ein Werkzeug zum Nutzen des Kundenservices. Erst das Zusammenspiel zwischen Omnichannel-Technologie und WFM machen aus einer Omnichannel-Plattform eine zukunftsorientierte Customer Engagement Lösung. Oder einfacher gesprochen für das Hier und Jetzt: Ohne WFM kein Omnichannel.

Fazit

Ohne WFM bleibt Omnichannel eine reine Technologie. Erst durch WFM wird Omnichannel zum Nutzbringer für Unternehmen und Kunden gleichermaßen. Unternehmen, die sich heute auf den Weg zu einer Omnichannel-Plattform begeben, sind zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit im Kundenservice gut beraten, ein integrierbares WFM als operativen Nutzen-Bestandteil dieser Omnichannel-Plattform anzusehen und die Entscheidungsfindung nicht mehrheitlich der IT-Abteilung zu überlassen.

 

Den vollständigen Artikel finden Sie im Contact Center Jahrbuch2021. Das Contact CenterJahrbuch 2021 ist hier erhältlich.

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